Jedes Jahr am 11.11. um 11.11 Uhr beginnt bekanntlich die fünfte Jahreszeit. Das Rheinland ist dabei historisch eine Hochburg für das närrische Treiben im Frühjahr und Köln eines der wichtigsten Zentren in Europa. Obwohl Vergnügen und Lebensfreude dabei eindeutig im Mittelpunkt stehen, bietet der Karneval dabei bereits seit beinahe 200 Jahren einen Freiraum, politische und gesellschaftliche Ereignisse öffentlich kritisieren zu können.
Die Entstehung des Kölle Alaaf
Bereits die Römer und Griechen feierten zu Beginn des Jahres ein ausgelassenes Fest, das Göttern wie Dionysus, Bacchus oder Saturn gewidmet war. Ausschweifungen und der Genuss von Alkohol waren dabei ein fester Bestandteil der Feierlichkeiten.
Der Zusammenhang mit dem Kölner Karneval besteht heute jedoch nur noch aus dem Zeitraum, der später natürlich auch noch von den Christen angepasst wurde.
Der moderne Kölle Alaaf entstand hingegen vor ungefähr 200 Jahren und orientierte sich an den Maskenbällen in Venedig. Es war dabei zunächst nur die Adelsschicht, die Veranstaltungen hinter geschlossenen Türen feierten, doch der Brauch verbreitete sich schnell.
Spätestens, nachdem Ende des 18. Jahrhunderts das Rheinland von den Franzosen besetzt wurde und diese auch öffentliche Umzüge gestatteten, war die Bürgerschaft der wichtigste Vertreter. Daran konnte auch die preußische Besatzung nichts ändern, die den Karneval unterdrücken wollte, um damit auch die Opposition und die Kritik an den bestehenden Verhältnissen zu unterdrücken.
Video: Ausschnitte aus dem Kölner Karneval
Tradition und Moderne gehen Hand in Hand
Ein wichtiger Träger des Kölle Alaaf sind die neun historischen Traditionskorps, die vom Präsidenten des Festkomitees ernannt werden. Der älteste davon ist der Kölsche Funke rut-wieß, der bereits 1823 gegründet wurde und bis heute ihre traditionellen Uniform verwendet. Sie stellt ein gutes Beispiel für den Geist des Kölle Alaaf dar, denn sie verwendet die rote Farbe der alten Stadtsoldaten, um diese zu karikieren.
Diese Einheit war für die Überwachung des Zolls zuständig und zeichnete sich weder durch Heldentum noch durch besondere Leistungen im Krieg aus, sondern war allgemein für ihre Trägheit und ihre eher geringe Moral bekannt. Nach einem Aufruf sammelte der Schlossermeister Anton Reintgen eine Schar von Freiwilligen um sich, um mit ihnen die von den Franzosen abgeschafften „Funken“ als Schar beim Kölner Karneval wieder zu beleben und damit gleichzeitig an die Tradition anzuknüpfen und diese humorvoll zu verarbeiten.
Über eine Millionen Besucher feiern den Kölle Alaaf
Mittlerweile zieht das Spektakel alljährlich mehr als eine Millionen verkleideter Gäste an, von denen Tausende an den Vorbereitungen beteiligt sind und sich aktiv in einem der Vereine oder als Einzelperson einbringen. Die Beliebtheit für inzwischen dazu, dass die letzten Wagen noch gar nicht losgefahren sind, wenn die ersten bereits am Endpunkt der Strecke ankommen.
Der Karneval ist somit neben dem Oktoberfest in München die mit Abstand größte Veranstaltung im deutschsprachigen Raum und genießt auch international immer höhere Aufmerksamkeit. Das Programm gehört zu den Angeboten von Reiseagenturen in der ganzen Welt und neben europäischen Gästen finden sich auch immer mehr Besucher von anderen Kontinenten – von Asien bis Südamerika.
Diese genießen die besondere Spielart des Kölle Alaaf und zeigen sich immer wieder überrascht, dass im angeblich humorlosen Deutschland die Satire im Mittelpunkt steht.
Helau ist weiter südlich
Der Streit um den korrekten Festtagsruf wird wahrscheinlich nie enden und hat schon zu erbitterten Auseinandersetzungen geführt. Das Ruhrgebiet, Düsseldorf und Mainz rufen Helau, Kölle Alaaf und viele Regionen haben eigene Rufe entwickelt. Aber eingeweihte Karnevalisten wissen selbstverständlich – nur Alaaf verspricht auch Alaaf, alles andere sind nur neidvolle Imitationen.
Ebenfalls interessant: Faschingsmode – Wo gibt es die günstigsten Kostüme?
Titelbild: ©iStock.com/YanLev
Textbild: ©iStock.com/chris-mueller